
Lothar Schröder, Feuilletonredakteur bei der Rheinischen Post, im Gespräch mit ReLü über den Stellenwert von Literaturkritik und über die Frage, warum Übersetzungskritik in den herkömmlichen Medien selten Platz findet.
„Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn“, so ein Gedanke bei Jorge Luis Borges. Denken mit fremdem Gehirn? Das klingt reizvoll, spannend, abenteuerlich, jedoch stößt ein deutscher Leser, zumindest bei übersetzter Literatur, vermutlich schnell an die eigenen Grenzen: Sind doch in einem fremden Gehirn nicht bloß aufregende, fremde Gedanken, sondern in erster Linie fremde Sprachen enthalten. Schrieb Borges etwa deutsch? Nein, aus Borges’ Mund würde dieselbe Aussage vielmehr lauten: „Leer es pensar con un cerebro ajeno.“