Buchcover Chaos in Miami
Francie Boortz über Big Trouble von Dave Barry, aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Edith Beleites

„Ich fange mal mit der Warnung an: Dieses Buch ist für Jugendliche nicht geeignet“, lauten Dave Barrys einleitende Worte in Big Trouble. Barry war jahrelang Kolumnist für den „Miami Herald“, bevor er beschloss, einen Roman zu schreiben. Nach eigenen Angaben hatte er anfangs allerdings keine Ahnung, wovon der eigentlich handeln sollte. Diese Schwierigkeit merkt man seinem Erstlingswerk aber nicht an.

Es entführt den Leser ins sonnige Miami, wo Eliot Arnold, ein recht erfolgloser und daher ständig am Existenzminimum lebender Werbetexter, gemeinsam mit seinem Sohn Matt in eine Reihe undurchschaubarer Vorfälle verwickelt wird. Matt befindet sich gerade auf dem Gipfel des pubertären Leichtsinns und ist zudem in Jenny, ein Mädchen aus seinem Biologiekurs, verliebt. Alles beginnt damit, dass Matt nachts bei Jenny zu Hause auftaucht, um sie „umzubringen“. Dieses Vorhaben ist Teil des so genannten Mörderspiels, das sich an Matts Schule gerade höchster Popularität erfreut. Der Tötungsakt besteht jedoch lediglich darin, das Opfer im Beisein eines Zeugen mit einer Wasserpistole nass zu spritzen. Umso erstaunter ist Matt, als plötzlich eine echte Kugel im Fernseher von Jennys Eltern landet. Noch ahnt er nicht, dass hier zwei Auftragskiller am Werk sind, die es auf Jennys Vater, einen gut betuchten, korrupten Geschäftsmann, abgesehen haben.

Das mag sich wie der Anfang eines gewöhnlichen Kriminalromans lesen. Die Tatsache, dass im Laufe der Geschichte unter anderem noch zwei ungeschickte Gelegenheitsganoven, eine Atombombe, eine Riesenpython und ein Hund mit dem „Intelligenzquotienten einer Stange Sellerie“ auftauchen, sowie eine Kröte, deren halluzinogenes Gift einen Polizisten dazu bringt, eben jenen Hund für die amerikanische Politikerin Elisabeth Dole zu halten, macht solche Einordnungen jedoch hinfällig. Das Ganze ist übrigens genauso chaotisch, wie es sich anhört, und lässt sich dem Autor selbst zufolge bestenfalls dem „In-Florida-da-wimmelt-es-nur-so-von-Verrückten-Genre“ zuordnen.

Geschickt verwebt Barry verschiedenste Handlungsstränge miteinander, lässt seine zahlreichen Protagonisten in absurde Situationen geraten und springt immer wieder zwischen den einzelnen Schauplätzen hin und her, ohne dass der Leser hierbei den Überblick verliert. Ganz Kolumnist macht er auch vor amerikanischen Klischees wie übertriebenen Schönheitsoperationen, sinnfreien Talkshows und Waffenbesitz in allen Bevölkerungsschichten nicht Halt.

Auch in der deutschen Fassung beansprucht sein Roman die Lachmuskeln enorm, was nicht zuletzt der Übersetzerin Edith Beleites zu verdanken ist, der es meist spielend gelingt, Barrys ungewöhnlichen Humor ins Deutsche zu übertragen. Den Kommentar „Matt had great contempt for any sound system that wasn’t loud enough to stun cattle” verwandelt sie beispielsweise in „Matt hatte nichts übrig für Musikanlagen, deren Lautstärke keine Rinderherde tot umfallen ließ.” Gelungen ist überdies, dass amerikanische Eigennamen und Produktbezeichnungen, mit denen der deutsche Leser höchstwahrscheinlich wenig anfangen könnte, nicht einfach übernommen, sondern gewissermaßen verallgemeinert werden, so dass aus „Brut“ lediglich „Rasierwasser“, aus „Eckerd Drug“ ein „Drogeriemarkt“ und aus „Miami Fusion“ ein „örtlicher Stromversorger“ wird.

Weniger treffsicher ist die Übersetzerin leider gelegentlich, was die Wahl des richtigen Sprachregisters betrifft: Matts an einen Freund gerichtete Frage „Ey, hör mal, ist das nicht ein geiler Song?“ ist sehr viel stärker umgangssprachlich als der englische Satz „I love this song“ des Originals und vermittelt dem Leser daher ein anderes Bild der Figur. Gleiches passiert, wenn aus der Feststellung „Fine-looking woman“ im Deutschen „Sieht ja scharf aus, die Alte“ wird.
Auf der anderen Seite ist Edith Beleites dort, wo sich manche Protagonisten wirklicher derber Ausdrücke bedienen, oftmals zu zaghaft, was die deutsche Übersetzung angeht. Die Ausdrücke „Das haut nicht hin“ („This sucks“), „blöde Kuh“ („bitch“) und „Hühnerficker“ („motherfucker“) wirken eher ungewollt komisch als vulgär, wenn man bedenkt, dass die Handlung zu einem großen Teil im kriminellen Milieu Miamis angesiedelt ist.

Diese gelegentlichen sprachlichen Schnitzer schmälern das Lesevergnügen insgesamt jedoch nur unwesentlich, denn die deutsche Fassung steht dem Original hinsichtlich Witz, Wortgewandtheit und Situationskomik in nichts nach. Edith Beleites ist der Herausforderung, humorvolle Texte zu übersetzen, offensichtlich gewachsen. Und davon dürfte Dave Barry, der 1988 den Pulitzer Preis für Journalisten erhielt und in den USA bereits Kultstatus erreicht hat, mindestens genauso sehr profitieren wie der Leser. Denn während der Autor in seiner Heimat zunächst durch Kolumnen Aufmerksamkeit erregte und daher wohl bereits mit einem gewissen Interesse an seinem Roman rechnen konnte, muss er auf dem deutschen Markt ohne Bekanntheitsbonus überzeugen.

Dave Barry: Big Trouble, aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Edith Beleites, Frankfurt am Main: Eichborn 2001, 323 Seiten

Dave Barry: Big Trouble, New York: G.P. Putnam’s Sons 1999

Dave Barry wurde 1947 in Armond, New York geboren. Er studierte Englisch und begann danach eine Karriere als Journalist. Von 1983 bis 2005 schrieb er eine humoristische Kolumne für den Miami Herald und verfasste außerdem verschiedene Sachbücher. „Big Trouble“, sein erster Roman, wurde 2002 verfilmt. Heute lebt Barry mit seiner Frau und zwei Kindern in Miami.

Edith Beleites, Jahrgang 1953, wurde in Bremen geboren und studierte Anglistik, Politik und Diplompädagogik in Marburg. Neben ihrer Tätigkeit als Übersetzerin aus dem Englischen ist sie freiberufliche Autorin und hat einige Jugendbücher sowie historische Romane veröffentlicht.