Buchcover Der Wahnsinn kommt in Plüsch daher
Mareike Krause über Küken im Goldrausch von Sloane Tanen, aus dem Englischen übersetzt von Monika Schmalz

Noch bevor man dieses kleine Buch überhaupt aufgeschlagen hat, fragt man sich, wie jemand auf die verrückte Idee kommen konnte, ein paar flauschige Osterküken zu den Hauptakteuren eines Buches zu machen. Doch man muss nur genauer hinsehen. Sie blicken mit ihren wackeligen Kulleraugen vom Cover und wirken plötzlich irritierend menschlich. Genau das wird der Grund sein, warum Sloane Tanen nun bereits den zweiten Band der pickenden Kuriositätensammlung veröffentlicht hat und ihre gelben Plüschküken die Ehre genießen, alltägliche Szenen aus ihrem oder unserem Leben nachzustellen – wir fühlen uns durchschaut und können nicht umhin, es herrlich zu finden. Küken im Goldrausch ist ein Buch, dessen Wortwitz und zahlreiche Fotografien zu uneingeschränkter Kurzweil einladen.

Diese Küken treffen den Nagel auf den Kopf. Tanen schafft es, ihre Bilder so gekonnt mit einem passenden Text zu verknüpfen, dass sie in beinahe jedem Fall ein unschlagbares Duo ergeben. Stellenweise kann man kaum fassen, wie faszinierend provokant eine Komposition aus Text und Bild sein kann, deren fester Bestandteil stets ein Stück Pfeifenreiniger ist. Tanens Plüschbälle sind aber nicht einfach nur unglaublich witzig. Sie konfrontieren uns gnadenlos und ein bisschen boshaft mit den kleinen Sinnlosigkeiten unseres Verhaltens und Lebens im Allgemeinen und kommen ungeschoren davon, weil man ihnen nichts krummnehmen kann.

Mit einem sicheren Gespür für die feinen Zwischentöne wurde in diesem Buch jeder einzelne Satz gewählt, um seinen Witz im Dialog mit einem liebevoll gestalteten Foto zu voller Kraft kommen zu lassen. Die Abbildung eines offensichtlich jüdischen Kükens, das vor einer Würstchenbude steht, würde beispielsweise ohne den lapidaren Kommentar „Jedes Jahr brach Rabbi Lieberman auf dieselbe Weise sein Fasten“ kaum Biss besitzen.

Der Übersetzerin Monika Schmalz gelingt es zunächst größtenteils, den skurrilen Humor ins Deutsche zu übertragen, ohne dabei zu sehr vom Original abzuweichen. Man muss ihr zugute halten, dass das Übertragen von Humor, der an kulturelle Besonderheiten gebunden ist, ein grundsätzliches, interessantes Problem für Übersetzer darstellt und daher schwierig umzusetzen ist. Manchmal jedoch bewirken ihre eingedeutschten Lösungen kleine Irritationen beim Lesen. Wenn im Amerikanischen die Kükenmutter am Muttertag auf Wunsch ihrer Söhne mit ihnen bei Hooters landet, ist die Provokation viel größer und um einiges offensichtlicher als in der deutschen Fassung: Hier sitzen sie nicht in einem Restaurant, dessen eigentlicher und allgemein bekannter Sinn es ist, die männlichen Gäste durch attraktive Bedienungen mit weiblichen Rundungen vom Essen abzuhalten – die Übersetzerin hat die Szenerie ins Hard Rock Café verlagert und somit dem Ganzen die Schärfe genommen. Leider ist dies nicht das einzige Beispiel für eine unglückliche Veränderung des Kontextes. An einer anderen Stelle übersetzt sie sogar falsch und enthält dem deutschen Leser die Logik des Witzes vor: Das Bild zeigt ein junges Küken, das im Türrahmen seines Elternhauses steht und erstaunt auf ein Dutzend Polizeiautos und den in der Luft schwebenden Helikopter blickt. Der amerikanische Text verrät, dass die Kleine aus Verärgerung über eine von den Eltern verhängte Strafe den Notruf gewählt hat und nun leichte Zweifel an der Richtigkeit ihrer Reaktion hegt. Im deutschen Text wählt sie den Notruf, weil außer ihr niemand zu Hause ist. Darunter leidet die Qualität des Witzes beträchtlich.

Going for the Bronze stellt eine übersetzerische Herausforderung dar. Mit all seinem Wortwitz, seinen kulturellen Stolpersteinchen und Eigenheiten ist es zweifellos schwer zu übersetzen. Die deutschen Küken hinken den amerikanischen im Rennen um die besten Witze jedoch so weit hinterher, dass letztere die eindeutigen Favoriten sind.

Sloane Tanen: Küken im Goldrausch, aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Monika Schmalz, Berlin: Bloomsbury Berlin 2006, 80 Seiten

Sloane Tanen: Going for the Bronze, New York: Bloomsbury USA 2005, 80 Seiten

Sloane Tanen kommt aus Los Angeles und ist eigentlich Malerin. Sie machte ihrem Vater zuliebe ihre Abschlüsse in Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte, um sich dann doch wieder der Malerei zu widmen. Durch einen Zufall entstand ihr erstes Kükenbuch mit dem ihr eigenen bissigen Humor. Tanen lebt mit ihrem Mann in New York.

Monika Schmalz übersetzt hauptsächlich aus dem Englischen und hat bereits zahlreich Bücher ins Deutsche übertragen.